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Museumseintritt für Medienschaffende

Bei Vorlegen Ihres Ausweises und der Registrierung am Ticketschalter erhalten Sie freien Eintritt und digitale Presseinformationen des Museums. Für eine persönliche, kostenlose Führung melden Sie sich bitte rechtzeitig vor Ihrem Besuch im Museum beim Pressebüro an. Falls Sie unsere Pressemeldungen erhalten möchten, können Sie sich in den Presseverteiler eintragen. Aktuelle Informationen und Posts zum Thema Ötzi finden Sie auch auf unseren Social Media Kanälen #OetziTheIceman.

Foto- und Filmanfragen, Drehgenehmigungen

Professionelle Foto- und Filmaufnahmen im Museum müssen ausnahmslos vorher genehmigt werden. Einige Fotomotive können Sie im Medienarchiv herunterladen.


Kurzinformationen


Gebäude und Ausstellungen

Südtiroler Archäologiemuseum gehört zu den Landesmuseen der Autonomen Provinz Bozen. Es befindet sich in einem ehemaligen k.u.k. Bankgebäude aus dem Jahre 1912 am Rande der Fußgängerzone von Bozen. 1998 konzipiert als Ausstellungsfläche für die Archäologie des südlichen Alpenbogens, wurde das Thema „Mann aus dem Eis“ seit 2013 auf drei Viertel des Museums ausgedehnt. Neben der Mumie und ihrer originalen Bekleidung und Ausrüstung gibt die Ausstellung Einblick in das Leben der Kupferzeit, die Forschungsgeschichte, kriminalistische Untersuchungen und kulturelle Phänomene rund um den Mann aus dem Eis. Wechselnde Sonderausstellungen im obersten Stockwerk beleuchten ergänzende Themen zur Südtiroler Archäologie. Ein neuer Museumsstandort in Bozen, der sowohl dem Mann aus dem Eis als auch der Dauerausstellung zur Archäologie Südtirols genügend Platz bietet, ist derzeit in Diskussion.

Ötzi, der Mann aus dem Eis

Vor über 5.000 Jahren stieg ein Mann in die eisigen Höhen der Schnalstaler Gletscher und kam dort um. Im  Jahr 1991 wird er zufällig gefunden: mitsamt seiner Kleidung und Ausrüstung, mumifiziert, gefroren – eine archäologische Sensation und eine einzigartige Momentaufnahme eines kupferzeitlichen Menschen, der im Hochgebirge unterwegs war. Nach mehrjährigen Untersuchungen durch hochspezialisierte Forscherteams sind die Mumie vom Gletscher und ihre Beifunde im Südtiroler Archäologiemuseum der Öffentlichkeit zugänglich. Fasziniert, staunend, aber auch seltsam berührt begegnen wir einem Zeugen unserer eigenen Vergangenheit. Das Schicksal dieses Einzelnen nimmt der „Geschichte“ ihre Anonymität und wird in unseren Köpfen lebendig.

Ötzi-Terminologie

Mit Beschluss der Südtiroler Landesregierung vom 2. Juli 1997 lautet die offizielle Bezeichnung der Gletschermumie „Mann aus dem Eis“. Im deutschen Sprachraum ist der vom Wiener Journalisten Karl Wendl geprägte Kosename „Ötzi“ sehr geläufig (nach der Fundstelle in den Ötztaler Alpen).

Herkunft der Besucherinnen und Besucher

Nicht groß, aber ein Museum mit Gästen internationaler Herkunft: Im Jahr 2019 (letztes Jahr vor der Pandemie) kamen Gäste aus allen Kontinenten in das Südtiroler Archäologiemuseum, darunter auch aus fast allen europäischen Ländern. Herkunft der Museumsgäste (2019): Deutschland 42%, Italien ohne Südtirol: 27%, Südtirol: 5%, Österreich: 6%, Rest-Europa: 14%, Welt: 6%.

Besuchszahlen

Seit seiner Eröffnung am 28. März 1998 haben über 6 Millionen Menschen das Südtiroler Archäologiemuseum besichtigt. Im vergangenen Jahr 2022 besuchten uns 254.088 Personen.

Die Dauerausstellung


Über 30 Jahre sind vergangen, seit 1991 ein Urlauber-Ehepaar im Gletscher der Ötztaler Alpen eine der bedeutendsten Mumien der Welt entdeckt hat. Weltweit verfolgten Menschen, Medien und Wissenschaft die Bergung von Ötzi, dem Mann aus dem Eis, dessen Körper 5.300 Jahre samt Kleidung und Ausrüstung fast unversehrt erhalten geblieben ist. Die archäologische und naturwissenschaftliche Forschung entlockte dem Fundkomplex unzählige Erkenntnisse über den Mann aus dem Eis und das Leben in der Kupferzeit. Inzwischen haben über 6 Millionen Menschen ein Ticket für das am 28. März 1998 eröffnete Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen gelöst, um die Mumie und deren Beifunde aus der Kupferzeit aus der Nähe zu betrachten. 2011 wurde die Dauerausstellung zum Mann aus dem Eis im Südtiroler Archäologiemuseum auf drei Etagen ausgedehnt und um Ötzis Lebensumfeld, die Forschungsergebnisse und den Mordfall erweitert.

Originale

Das erste Stockwerk des Museums ist der Mumie des Mannes aus dem Eis und seinen originalen Beifunden gewidmet. Die Inhalte wurden mit Rücksicht auf die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse überarbeitet, um die Einzigartigkeit der Objekte zu unterstreichen.  Erstmals wird auch die aufwändige Konservierungstechnologie der Mumie und ihrer Beifunde erläutert. Die Besucherinnen und Besucher können sich über Videos oder interaktiven Stationen zu Fragen der Mumifizierung informieren. Der Vergleich mit einem Skelettabguss aus der Nekropole von Remedello aus der Zeit von Ötzi verdeutlicht die Fülle an Zusatzinformationen, mit denen eine Gletschermumie wie Ötzi aufwarten kann. Im Aktivbereich „Discovery Room“ laden verschiedene Materialien zum Experimentieren und Ausprobieren ein: Wer schafft es, Ötzis Birkenrindengefäß zusammenzusetzen? Wie lassen sich aus Bast Schnüre herstellen? Wie fühlt es sich an, Ötzis Fellmantel zu tragen?

Forschungsergebnisse

Das Habitat im alpinen Raum während der Kupferzeit wird in der zweiten Etage des Archäologiemuseums lebendig erzählt und durch wichtige Fundstücke aus dem Alpenraum ergänzt. Silex und Kupfer, zwei bedeutende Werkstoffe aus der Ausrüstung von Ötzi geben Einblick in kupferzeitliche Materialkenntnis und den Beschaffungsradius von Rohstoffen. Die Themen dieses Stockwerks schöpfen aus den Ergebnissen, die Forschung und Wissenschaft in den letzten dreißig Jahren zusammengetragen haben.

Im weiteren Verlauf der Ausstellung werden die Methoden und die Arbeitsprozesse von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der Nähe beleuchtet. An einem interaktiven multimedialen Leuchttisch können Interessierte sogar selbst Untersuchungen an der Mumie durchführen. Über einen Touchscreen öffnet sich der virtuelle Körper der Mumie – medizinisch auffällige Eigenheiten können selbst entdeckt und studiert werden. Mikroskope ermöglichen zudem einen Einblick in Ötzis Knochenstruktur, die dafür verwendet wurde, sein Lebensalter zu bestimmen.  Viel Raum ist auch Ergebnissen gewidmet, die durch die Entschlüsselung von Ötzis DNA angestoßen wurden. Die Untersuchungen zur Herkunft weisen darauf hin, dass Ötzis Urahnen in der Jungsteinzeit im Zuge der Ausbreitung von Ackerbau und Viehzucht aus dem Nahen Osten eingewandert sind. Aus der Spurensuche geht auch hervor, dass Ötzi eindeutig Mitteleuropäer war – sein Erbgut mütterlicherseits kommt heute noch besonders häufig bei der ladinischen Bevölkerung in den Dolomiten Südtirols vor. Väterlicherseits weisen die Gene darauf hin, dass er einer Gruppe angehörte, die früher in Europa weit verbreitet war, heute nur noch selten in lange isolierten Gemeinschaften, wie etwa auf den Inseln Sardinien und Korsika, zu finden ist.



Kriminalfall

Die Entdeckung der Pfeilspitze in Ötzis linker Schulter im Jahre 2001 hat dem Fundkomplex nochmals ein besonderes Interesse beschert: aus einem archäologischen Fundort wurde ein Tatort. Der Kriminalfall Ötzi wird in der Ausstellung neu aufgerollt und jeder Besucher und jede Besucherin kann selbst zur Lösung des Falles beitragen. Ein digitales 3D Modell von Ötzis Brust lädt ein, selbst in die Rolle einer Pathologin oder eines Gerichtsmediziners zu schlüpfen.

Rekonstruktion

Einer der Höhepunkte der Ausstellung ist die dreidimensionale Darstellung von Ötzi. Mittelgroß, schmächtig, aber sehnig, mit schmalem, scharf geschnittenem Gesicht, wildem Bart und sonnengegerbter Haut präsentiert sich die 2011 gefertigte Rekonstruktion im Museum. Aus braunen, leicht zusammengekniffenen Augen wirft er den Besucherinnen und Besuchern einen aufmerksamen, musternden Blick zu. Mit Hilfe computertomographischer Daten und einer dreidimensionalen Rekonstruktion des Schädels wurde Ötzi nach forensischen Methoden neu modelliert. Die beiden Paläo-Künstler Adrie und Alfons Kennis aus den Niederlanden erweckten in fünfmonatiger Rekonstruktionsarbeit den 5.300 Jahre alten Mann aus dem Eis neu zum Leben und fingen dabei einen Moment ein, der wohl wenige Tage vor dem Tod des Menschen aus der Kupferzeit lag.

Gletscherarchäologie

Dass nicht nur der Mann aus dem Eis in eisigen Höhen unterwegs war, zeigen weltweit einmalige, organische Funde, die die Gletscher im heutigen Südtirol frei gegeben haben. Sie belegen die Mobilität des Menschen in und über die Alpen schon zur der Ötzizeit.

Ötzi im Südtiroler Archäologiemuseum


„Ötzi“, die Bedeutung des Fundes, seine Ausstellung im Archäologiemuseum und ein Blick in die Forschung


Das Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen wurde am 28. März 1998 eröffnet. Es zeigt auf 1.200 m² die Mumie und die Beifunde des Mannes aus dem Eis und dokumentiert die Ergebnisse der Forschung.

Das Besondere des 1991 am Gletscher zutage getretenen Fundkomplexes besteht darin, dass eine komplett erhaltene Mumie mit vollständiger Kleidung und Ausrüstung Einblick in die Tracht und die technischen Fähigkeiten der beginnenden Kupferzeit (3300 bis 3100 v. Chr.) gibt. Bekleidungsreste waren zuvor lediglich in relativ fragmentiertem Zustand aus den Pfahlbauten des zirkumalpinen Raumes bekannt, wobei es sich in der Regel um gewebte oder geknüpfte pflanzliche Fasern handelt. Tierische Materialien, wie Felle etc. haben sich dort nicht erhalten. Daher bietet der “Mann aus dem Eis” eine Momentaufnahme eines kupferzeitlichen Menschen, der sich im Hochgebirge bewegte. Die Bekleidung setzt sich aus einer Mütze, einem Fellmantel, einem Paar Beinkleider und einem Lendenschurz aus Leder sowie einem Paar gefütterter Schuhe zusammen. Zu seiner Ausrüstung gehören ein nicht vollendeter Bogen, ein Köcher mit Pfeilen und Pfeilschäften, ein Beil mit Kupferklinge, ein Dolch mit Feuersteinklinge, ein Retuscheur, Birkenrindengefäße, eine Rückentrage und diverse Reservematerialien sowie Knochenspitzen. Viele der im Eis konservierten Beifunde sind weltweit einmalig; ihre genaue Anfertigungsart oder Funktion war wegen des Fehlens organischer Reste bei vorherigen Funden nicht bekannt.

Die Präsentation des Mannes aus dem Eis im Museum

Der Tatsache bewusst, dass es sich um einen archäologischen Fund handelt, dessen Zurschaustellung auch zu ethischen Diskussionen führt, wurde bei der Einrichtung des Museums 1998 auf eine sehr zurückhaltende Form der Präsentation großer Wert gelegt. Das aktuelle Erscheinungsbild der Ausstellung geht auf die Sonderausstellung zu 20 Jahren Mann aus dem Eis im Jahr 2011 zurück, der eine Aktualisierung der Dauerausstellung im Jahr 2021/2022 folgte. Das Stockwerk mit dem Mann aus dem Eis wurde bewusst sachlich gehalten; Weiß bemalte Wände evozieren die Weite einer Schneelandschaft. Grafik und Architektur stehen in keiner Konkurrenz zum Objekt. Die Entdeckung und die Bergung des Fundes werden zusätzlich zu den Schautafeln durch Videoprojektionen illustriert. Am Ende der Etage gibt ein Discovery Room die Möglichkeit, selbst Hand anzulegen und eine Rekonstruktion des Mantels von Ötzi zu probieren. Durch die Unterteilung des Schauraumes in den Bereich Mumie und den Bereich Beifunde können die Besuchenden entscheiden, ob sich die die Mumie ansehen möchten oder nicht. Das Fenster, das den Blick auf die Mumie freigibt, steht nicht im Mittelpunkt des Geschehens, sondern ist in einen optisch abgegrenzten Raum eingebunden. Die 40 x 40 cm große Wandöffnung erlaubt es dem Publikum, einen Blick in die Kühlzelle zu werfen, in der die Mumie auf einer Präzisionswaage liegend, bei -6° C und fast 100% relativer Luftfeuchtigkeit konserviert wird – so nahe wie möglich am Klima in einem Gletscher.
Hinter der Metallwand, die im Ausstellungsraum sichtbar ist, befindet sich eine komplexe Anlage, die sich aus zwei Kühlkammern mit jeweils unabhängigen Systemen, einem Untersuchungsraum und einem vorgelagerten Dekontaminierungsraum zusammensetzt. In allen Räumen sind Sterilität und Luftfilterung garantiert. Für weitere wissenschaftliche Untersuchungen steht ein kleines Labor zur Verfügung. Eine EDV-Station registriert die Messwerte (Druck, Temperatur, relative Luftfeuchtigkeit, Gewicht der Mumie), die von den in der Kühlzelle montierten Sonden geliefert werden und löst automatisch Alarm aus, sollten sich Veränderungen zeigen. Durch dieses Alarm- und Sicherheitssystem können spezialisierte Techniker im Notfall sofort reagieren. Der Münchner Rechtsmediziner Prof. Dr. med. Oliver Peschel und die Bozner Pathologin Dr. med. Martina Tauber sind die Konservierungsbeauftragten der Mumie.
Im Gegensatz zu den anderen Abteilungen des Museums ist die Etage, die dem Komplex „Mann aus dem Eis“ gewidmet ist, abgedunkelt. Diese Maßnahme dient weniger der Inszenierung, sondern ist vielmehr eine konservatorische Notwendigkeit, die sich aus der Lichtempfindlichkeit der Objekte ergibt. Die Beifunde sind in klimatisierten Spezialvitrinen bei einer Beleuchtung unter 50 Lux gelagert.
Die Faszination, die von der ältesten Eismumie der Welt ausgeht, ist auch heute, über 30 Jahre nach seiner Wiederentdeckung noch immer ungebrochen. Dabei ist es nach den Äußerungen der Museumsgäste nicht nur der Blick Aug’ in Auge mit dem Vorfahren aus der Kupferzeit, der sich in das Gedächtnis einprägt. Es ist vor allem auch die erstmals konservierte Ausrüstung eines Kupferzeitmenschen, die fasziniert: Eingefroren mit dem Mann haben seine Kleider und die vielen Gerätschaften des täglichen Gebrauchs die Jahrtausende überdauert. Mit Sorgfalt vom Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz restauriert und rekonstruiert, lassen z.B. die „Thermoschuhe“, die Trage und der Dolch samt Scheide erkennen, wie zweckmäßig die Ausrüstung des Mannes aus dem Eis war und es ist verblüffend, wie vergleichsweise wenig Abstand zwischen der neolithischen Ausrüstung und dem heutigen Ausrüstungsstandard eines Bergwanderers liegt: Lediglich die Materialien sind „moderner“ geworden. Archäotechniker aus ganz Europa haben die Beifunde des Mannes aus dem Eis wiederholte Male nachgebaut und getestet. Sie waren erstaunt über die Funktionalität von Bogen und Pfeilen, vom Beil, mit der man tatsächlich Bäume fällen kann und von dem Zunderschwamm aus dem Gürtel von Ötzi, der mit Feuerstein und Pyrit ein wärmendes Feuer entfacht.

Forschung

Erste Befunde stellten bereits fest, dass der für damalige Verhältnisse alte Mann von ca. 46 Jahren an altersbedingten arthritischen Schmerzen gelitten haben muss. Dagegen ließ er sich mit Tätowierungen an den neuralgischen Punkten kurieren. Zudem quälten ihn Peitschenwürmer im Verdauungstrakt. Aufgrund von Röntgenaufnahmen und einer Computertomografie konnte im Jahr 2001 in der linken Schulter von Ötzi eine Pfeilspitze nachgewiesen werden. Nachdem der Schusskanal zu seinen Lebzeiten nicht mehr verheilt war und eine lebenswichtige Arterie verletzt hatte, gilt als gesichert, dass Ötzi durch den Pfeilschuss tödlich verletzt wurde und innerhalb kurzer Zeit verblutete. An dem aufgetauten Leichnam konnte darüber hinaus eine bis dahin unbekannte nicht verheilte Schnittverletzung an der rechten Hand nachgewiesen werden, die auf einen Nahkampf Stunden oder Tage vor seinem Tod hindeutet. Diese Befunde trugen dazu bei, die persönliche Tragödie des Mannes aus dem Eis zu erhellen, werfen aber gleichzeitig weitere Fragen nach der Ursache für seinen gewaltsamen Tod auf.
Im Herbst 2010, zwanzig Jahre nach der Auffindung der Mumie, wurden der Mann aus dem Eis in Bozen von einem Forscherteam kurzzeitig kontrolliert „aufgetaut“, um verschiedene Gewebsproben für weitere wissenschaftliche Untersuchungen zu entnehmen. Diese Proben wurden an unabhängige Institute zur Analyse weitergegeben bzw. wurden aufbewahrt und werden nach Prüfung für Forschungsansuchen ausgegeben.
2010 konnte zum ersten Mal Blut in Form von roten Blutkörperchen im vermeintlich blutleeren Körper des Mannes aus dem Eis nachgewiesen werden. Diese sind in Größe und Form absolut identisch mit heutigen, frischen Erythrozyten. Durch den Nachweis von Fibrin im Bereich der Pfeilwunde, das sich sehr rasch nach der Blutgerinnung abbaut, konnte zudem eindringlich bestätigt werden, dass der Mann aus dem Eis die Pfeilschussverletzung nicht lange überlebt hat.

Die letzte Mahlzeit: Steinbockfleisch

Bei einer wiederholten Auswertung der radiologischen Aufnahmen des Mannes aus dem Eis wurde Ötzis Magen identifiziert, der entgegen früherer Annahmen mit Speiseresten gefüllt war. Analysen zeigen, dass seine letzte Mahlzeit, die er wohl höchstens eine Stunde vor seinem Tod zu sich genommen hat, aus einer Mischung aus Steinbock- und Hirschfleisch mit einem hohen Fettanteil und Getreide bestand.

Was die DNA verrät

Vor ein paar Jahren galt es noch als unvorstellbar, die fragmentierte Zellkern-DNA einer 5300 Jahren alten Mumie zu entschlüsseln. Als es im Jahr 2011 dem Labor für Antike DNA des EURAC-Instituts für Mumienforschung (Bozen) in Zusammenarbeit mit einem internationalen Forscherteam gelang, Ötzis Genom zu isolieren, war das weltweit eine Sensation. Die Analyse ergab detaillierte Informationen zu Ötzis Aussehen und Körperfunktionen, neue Einblicke in seine Herkunft und Abstammung sowie Hinweise auf Erkrankungen und Krankheitsanlagen. So zeigte die genetische Untersuchung, dass Ötzi braune Augen hatte und dass er der Blutgruppe 0 positiv angehörte.

Laktoseintoleranz, Borreliose und Helicobacter Pylori

Überraschend war, dass der Mann aus dem Eis einige genetisch bedingte Krankheitsanlagen in sich trug. Insbesondere ein stark erhöhtes Risiko für Herz- und Kreislauferkrankungen, die ihn möglicherweise anfällig für einen Herzinfarkt oder Gehirnschlag gemacht hätten, wäre er nicht durch den Pfeilschuss vorzeitig getötet worden. Zudem belegen seine Gene auch, dass er laktoseintolerant war, was bedeutet, dass er keinen Milchzucker verdauen konnte, wie vermutlich der Großteil seiner Zeitgenossen.

In Ötzis Genom konnten auch Spuren von Borrelien, also von Zecken übertragene Bakterien, die die Infektionskrankheit Lyme-Borreliose verursachen, nachgewiesen werden. Diese Entdeckung ist der älteste Beleg für Borreliose überhaupt und zeigt, dass Zecken schon vor 5000 Jahren eine Gefahr für Menschen und Tiere darstellten. Im Jahr 2016 gelang es, im Mageninhalt von Ötzi das Bakterium Helicobacter pylori nachzuweisen, das heute die Hälfte aller Menschen in sich trägt und das zu Magengeschwüren führen kann. Es handelt sich um den bisher ältesten Beleg des Bakteriums. Zur Überraschung des Forschungsteams ähnelt der Bakterienstamm allerdings nicht der in Europa vorkommenden Gruppe, sondern ist dem in Zentral- und Südasien Asien vorkommenden Bakterium am ähnlichsten. Die Vermischung afrikanischer und asiatischer Bakterienstämme, die das europäische Bakterium charakterisiert, ist demnach vermutlich erst nach der Ötzizeit geschehen und stellt die Besiedelung des europäischen Kontinents komplexer dar als bisher angenommen.

Ötzis Herkunft

Die Untersuchung des Erbguts erlaubte Aussagen sowohl zu den Vorfahren seiner Mutter als auch zur väterlichen Verwandtschaftslinie. Der Mann aus dem Eis gehört über seinen Vater einer Untergruppe der Haplogruppe G2a2b (G2a-L91) an, die heute auf dem europäischen Festland sehr selten geworden ist (>0,1%). Lediglich auf Sardinien und Korsika ist die Ötzi-Haplogruppe noch relativ häufig anzutreffen. Daraus lässt sich schließen, dass der Mann aus dem Eis und die Bevölkerung Sardiniens und Korsikas ursprünglich gemeinsame Vorfahren hatten, die im Neolithikum in Europa aus dem Osten eingewandert sind. In weiten Teilen Europas wurden die Vertreter dieser Gruppe im Laufe der Zeit verdrängt oder haben sich mit anderen Bevölkerungsgruppen vermischt – nur auf den isolierten Mittelmeerinseln konnte sich diese ursprüngliche Bevölkerung bis in die heutige Zeit in größerer Zahl halten. Mütterlicherseits gehört der Mann aus dem Eis der Haplogruppe K1f an, eine nur in den Zentralalpen vorkommende Untergruppe von K1, die heute ausgestorben ist.

Viele dieser Forschungsergebnisse wären vor über einem Jahrzehnt undenkbar gewesen und verdeutlichen, dass die wissenschaftliche Arbeit am Mann aus dem Eis noch lange nicht abgeschlossen sein wird. Technische Möglichkeiten werden neue Fragestellungen aufwerfen und uns einen noch detaillierteren Einblick in das Leben dieses Mannes geben. Lange nicht alle Geheimnisse um Ötzi sind gelüftet und laden sowohl Museumsgäste als auch die akademische Forschung ein, eigene Gedanken einzubringen. Warum war Ötzi unterwegs? Warum wurde er getötet? Warum wurde sein Beil nicht weggenommen? War er allein? Wie und mit wem lebte er? Fragen, die zeigen, dass hier Archäologie im wahrsten Sinne des Wortes ein Gesicht bekommen hat und Menschen durch das Schicksal eines Einzelnen berühren kann.