Beim Mann aus dem Eis handelt es sich um eine auf natürliche Weise im Gletscher mumifizierte Feuchtmumie. Durch die lange Zeit im Schnee und Eis ist der Körper dehydriert, das heißt, dass ein Großteil des Wassers entzogen wurde. Die allermeisten der erhaltenen Mumien wurden im Rahmen von Begräbnisritualen mit konservierenden Methoden behandelt, dabei wurden auch die Organe entnommen. Ötzi stellt hier eine absolute Besonderheit dar, weil er nahezu vollständig erhalten ist.


Ötzi, Mann aus dem Eis, Similaunmann etc.

Nachdem die Medien weltweit über den Fund berichteten, waren bald diverse Bezeichnungen für die Mumie gefunden. Über 500 Wortschöpfungen kursierten in den ersten Wochen. Der Wiener Journalist Karl Wendl kam auf den Namen „Ötzi“, in Anlehnung an den Fundort in den Ötztaler Alpen. Dieser Name wird bis heute am häufigsten gebraucht.


Die Mumie im Museum

Seit 1998 wird die Mumie in einer speziell entwickelten Kühlzelle im Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen konserviert. Sie wiegt ca. 13 kg und ist 1,54 m lang. Es herrschen Bedingungen wie im Gletscher. Bei -6°C und 99 % Luftfeuchtigkeit lagert der Körper auf einer Präzisionswaage und ist durch ein kleines Fenster für das Publikum sichtbar. Regelmäßig wird die Mumie mit sterilem Wasser besprüht, um einem möglichen Feuchtigkeitsverlust entgegenzuwirken.

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Ötzi – Die weltbekannte Mumie im Südtiroler Archäologiemuseum

Die berühmte Mumie wird in einer speziellen Kühlzelle unter Gletscherbedingungen konserviert und mit viel Hightech überwacht.


 

Da es sich beim Mann aus dem Eis um eine Feuchtmumie handelt und das Gewebe, die Knochen und Organe sehr gut erhalten sind, konnten zahlreiche Untersuchungen durchgeführt werden um mehr über den gesundheitlichen Zustand des Mannes zu erfahren.


Einige Eckdaten:

Alter: Eine Untersuchung der Osteonen in Ötzis Oberschenkelknochen ergab ein wahrscheinliches Alter von ca. 45 Jahren. Ein recht ansehnliches Alter, wenn man die niedrige Lebenserwartung vor 5300 Jahren bedenkt.

Körpergröße: Die Mumie weist heute eine Länge von 1,54 m auf, zu Lebzeiten war der Mann ca. 1,60 m groß, seine Schuhgröße entsprach in etwa einer heutigen 38. Das entspricht in etwa dem Durchschnitt der Bevölkerung seiner Zeit.

Gewicht: Die Mumie wiegt heute ca. 13 kg. Berechnungen schätzen das Gewicht des Mannes zu Lebzeiten auf ca. 50 kg. Da sich kaum Unterfettgewebe findet, kann man ihn sich mit sportlich-drahtiger Figur vorstellen.



Haare: Die menschliche Oberhaut (Epidermis) löst sich im Zuge des Verwesungsprozesses sehr schnell ab, wodurch die Körperbehaarung verloren geht. Es wurden rund um die Mumie einige Haarbüschel gefunden, die auf mittellanges, dunkles, offen getragenes Kopfhaar schließen lassen. In den Haaren fanden sich Spuren von Arsen, was darauf schließen lässt, dass der Mann gelegentlich Erzverarbeitungsprozessen beiwohnte.

Nägel: Auch die Finger- und Fußnägel lösten sich ab. Während der Grabung konnten ein Fingernagel und zwei Fußnägel geborgen werden. Auf dem Fingernagel entdeckte man waagrechte Rillen, sog. „Beau-Rillen“, die als Indikatoren für starken körperlichen Stress gelten.

Parasiten und Krankheitserreger: In der Kleidung kamen zwei Menschenflöhe zum Vorschein. Und in Ötzis DNA entdeckte man den bisher ältesten Nachweis für Borrelien, die eine Infektionskrankheit auslösen und von Zecken übertragen werden. Im Verdauungstrakt fand man Eier des Peitschenwurms, eines lästigen Darmparasiten.

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Ötzi gehört zu den am besten untersuchten Menschen der Welt.

Über den Gesundheitszustand des Mannes aus dem Eis geben zahlreiche Untersuchungen Aufschluss.



 

Zähne: Ötzis Zähne waren stark abgenutzt und die oberen Schneidezähne weisen eine markante, erbliche bedingte Lücke auf. Die in den Zähnen eingelagerten Mineralien ermöglichen Rückschlüsse auf die Beschaffenheit des Trinkwassers und somit auf den möglichen Wohnort in der Kindheit. Dem Mann aus dem Eis fehlen alle Weisheitszähne.

Knochen und Gelenke: Röntgenaufnahmen enthüllen signifikante Abnutzungserscheinungen diverser Gelenke wie Hüfte, Schulter, Knie und Wirbelsäule. Eine seltene genetische Anomalie hat dafür gesorgt, dass dem Mann das zwölfte Rippenpaar fehlt. Zu Lebzeiten erlitt der Mann diverse Brüche, darunter ein Serienrippenbruch und einen Nasenbeinbruch.

Innere Organe: Durch endoskopische Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass die Lunge des Mannes aus dem Eis durch den ständigen Aufenthalt an offenen Feuerstellen rußgeschwärzt ist. Auch der Mageninhalt wurde untersucht, es wurden diverse Wildfleischsorten, Getreide und Pflanzenteile gefunden.

DNA: Ötzis Genom konnte nahezu vollständig entschlüsselt werden. Seine Haplogruppe ist heute in Europa sehr selten geworden und findet sich fast nur noch bei Bewohnern von Inseln wie Sardinien und Korsika, die lange isoliert waren. Genetisch war Ötzi vorbelastet für Herz-Kreislauferkrankungen, die auch tatsächlich in Form einer Arterienverkalkung bei ihm auftraten. Er vertrug mit großer Wahrscheinlichkeit keinen Milchzucker (Laktoseintoleranz) und seine Blutgruppe war 0 positiv.


Am Körper der Mumie wurden bisher 61 Tätowierungen entdeckt, alle in Form von Strichbündeln oder Kreuzen. Die Linien wurden nicht wie heutige Tattoos mit einer Nadel in die Haut eingestochen, sondern es wurden feine Schnitte vorgenommen, in die dann pulverisierte Holzkohle eingerieben wurde. Die Tätowierungen liegen alle im Bereich der Rippen und der Lendenwirbelsäule, am Handgelenk, am Knie, an den Unterschenkeln und an den Fußgelenken.


Schönheit oder Therapie?

Über die Bedeutung der Tätowierungen wird bis heute gerätselt. Sie lagen an Stellen, die wohl die meiste Zeit von Kleidung verdeckt waren, also handelt es sich eher nicht um Körperschmuck. Man geht heute davon aus, dass die Tätowierungen therapeutischen Zwecken dienten. Sie liegen alle an Körperstellen, die starke Abnutzungserscheinungen aufweisen und somit wohl auch Schmerzen verursachten. Die Tätowierungen sollten also die Schmerzen lindern. Die Lage der Tattoos auf den noch heute gültigen Akupunkturlinien unterstützt diese Theorie.

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Ötzis Tätowierungen dienten therapeutischen Zwecken.

Die feinen Linien und Kreuze sollten Schmerzen lindern und waren eine Art frühe „Akupunktur“.



 

Zunächst ging man von einem Unfall im Hochgebirge aus. Erst 2001 wurde bei der Auswertung eines Röntgenbildes eine steinerne Pfeilspitze aus Feuerstein (Silex) entdeckt, die in der linken Schulter steckt. Daraufhin fand man auch das ca. 2 cm große Eintrittsloch im Rücken. Der Pfeil verletzte die Schlüsselbeinarterie, was dazu geführt hat, dass der Mann innerhalb von Minuten verblutet ist. Vermutlich zeitgleich mit der Pfeilschussverletzung erlitt der Mann aus dem Eis auch eine schwere Kopfverletzung. Diese könnte von dem Sturz oder einem Schlag stammen. Vielleicht hat der Mann selbst den Pfeilschaft herausgezogen, vielleicht auch sein Mörder. Die Spitze ist dabei abgebrochen und bis heute im Körper geblieben. Die Pfeilspitze entspricht in ihrer Form den damals in dieser Gegend üblichen Pfeilspitzen aus Silex (Feuerstein), wie der Mann aus dem Eis sie auch selbst mitführte.


Mord am Gletscher

Ötzi wurde also ohne Zweifel ermordet. Wenige Tage vor seinem Tod war er bereits in einen Nahkampf verwickelt gewesen und hat dabei eine tiefe Schnittwunde in der rechten Hand davongetragen. Es spricht also einiges dafür, dass Ötzi auf der Flucht war und von einem oder mehreren Gegnern gestellt worden ist. Viele Fragen bleiben nach wie vor – und vielleicht für immer – offen. Warum wurde er ermordet und von wem? Ging es um Rache, Eifersucht, Hierarchie, Habgier? Warum hat der Angreifer Ötzis Ausrüstung nicht mitgenommen, obwohl allein das Kupferbeil einen enormen Wert gehabt haben muss? Oder wurde ihm etwas gestohlen von dem wir heute nichts mehr wissen können? Warum ist Ötzi überhaupt auf den Gletscher geflüchtet?


Todeszeitpunkt

Botaniker grenzen den Todeszeitpunkt anhand von Pollenanalysen und der Analyse der Ahornblätter in den Birkenrindengefäßen auf den Frühsommer ein.

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Mordfall Ötzi – Warum musste der Mann sterben?

Von einem Pfeil tödlich getroffen, ist Ötzi am Gletscher verblutet. Wer steckte dahinter und welches Motiv hatte der Angreifer?